Wed. Sep 24th, 2025
Was ist ein Notgroschen und wie viel sollte man sparen?

In meinen 15 Jahren in der Finanz- und Unternehmenswelt habe ich eines immer wieder erlebt: Firmen wie Privatpersonen scheitern seltener an plötzlichen Kosten als an fehlender Liquidität. Ein Notgroschen – oder auch Notfallfonds – ist keine theoretische Empfehlung, sondern knallharte Realität. Er entscheidet darüber, ob man handlungsfähig bleibt oder von äußeren Umständen überrollt wird.

Die Kernfrage bleibt: Was ist ein Notgroschen und wie viel sollte man sparen? Genau darauf gehe ich in diesem Beitrag ein. Dabei erläutere ich aus praktischer Sicht, welche Rolle ein Notgroschen für Unternehmen wie Privatpersonen spielt, welche Strategien sinnvoll sind und worauf viele in der Praxis scheitern.

Was ist ein Notgroschen wirklich?

Ein Notgroschen ist mehr als nur ein Sparkonto. Er ist die finanzielle Sicherheitsleine in Extremsituationen. Wir sprechen hier nicht über Rücklagen für geplante Projekte wie eine neue Maschine oder ein Auto, sondern über ungeplante Schläge: Ein plötzlicher Umsatzeinbruch, eine Wirtschaftskrise, eine unerwartete Krankheit.

In meiner Beratung habe ich immer gesehen: Unternehmen mit klar definiertem Notfallfonds überstehen Krisen oft doppelt so schnell. Der Unterschied liegt schlicht darin, ob man in Stresssituationen aus Panik Entscheidungen treffen muss oder aus einer abgesicherten Position.

Oft wird unterschätzt, dass der Notgroschen auch psychologisch wirkt. Teams und Familien wissen, dass sie einen Puffer haben. Entscheidungen fallen sachlicher, weil die Angst nicht jede Diskussion bestimmt.

Wie viel sollte man sparen?

Die Faustregel lautet 3 bis 6 Monatsgehälter bei Privatpersonen und 3 bis 6 Monatsfixkosten bei Unternehmen. Theoretisch ist das plausibel – praktisch nur teilweise.

In der Realität habe ich erlebt: Wer 3 Monate Reserve hatte, konnte in einer Krise zwar durchhalten, musste aber aggressiv Kosten kürzen. Mit 6 Monaten Rücklagen konnten Unternehmen dagegen weiterhin investieren, während andere erstarrten. Die Wirkung? Marktanteile wanderten zu ihnen.

Das bedeutet: Wer konkurrenzfähig bleiben will, sollte nicht nur „überleben“ wollen, sondern „handlungsfähig bleiben“. In meinem letzten Projekt empfahl ich einem mittelständischen Betrieb eine Reserve in Höhe von 8 Monatskosten, da seine Branche zyklisch stark schwankt. Dieser Ansatz wirkte konservativ, stellte sich aber als goldrichtig heraus.

Unterschiedliche Bedürfnisse bei Privat und Unternehmen

Es gibt nicht die eine feste Zahl. Ein Berufseinsteiger mit fixem Einkommen kann mit geringerer Rücklage kalkulieren. Ein Selbstständiger dagegen benötigt ein viel größeres Polster, da Auftragslagen schwanken.

Ähnlich bei Unternehmen: Ein SaaS-Unternehmen mit stabil wiederkehrenden Einnahmen braucht einen kleineren Fonds als ein Projekt-basiertes Beratungsunternehmen.

Ich erinnere mich an eine Krise 2020, in der ein Beratungsunternehmen innerhalb von 3 Monaten sämtliche Projekte verlor. Das Notfallpolster war jedoch nur für 2 Monate ausgelegt. Ergebnis: Massenentlassungen. Ein SaaS-Unternehmen, das ich gleichzeitig betreute, konnte dank stabiler Zahlungen sogar neue Mitarbeiter einstellen.

Liquidität vs. Investition – die Balance

Viele Entscheider stehen vor der Frage: Soll ich mein Geld im Fonds liegen lassen oder investieren?

Ich sage offen: Beides braucht Struktur. Ein Notgroschen sollte niemals risikoreich investiert werden. Er gehört auf liquide, zugängliche Konten – auch wenn die Rendite null ist. Der Fehler vieler Unternehmen ist, Rücklagen in langfristige Assets zu legen. In der Krise zählen Stunden, nicht Renditen.

Natürlich bedeutet das, dass Kapital scheinbar „ungenutzt“ herumliegt. Aber genau diese „unangetastete“ Sicherheit zahlt sich aus, wenn alle anderen mit Liquiditätsengpässen kämpfen.

Praxisbeispiele aus der Unternehmenswelt

Ich habe mit einem Klienten gearbeitet, der seinen Notgroschen über Jahre vernachlässigte, weil er das Geld lieber ins Wachstum steckte. Als die Pandemie einschlug, brach ihm der Cashflow innerhalb von Wochen weg. Niemand wollte ihm neue Kredite geben. Das Ergebnis war ein harter Neustart.

Verglichen damit ein anderes Unternehmen: Es hatte 9 Monate Fixkosten auf der Seite. Diese Rücklage erlaubte ihm, Lieferengpässe auszusitzen und gezielt in günstig gewordene Marketingmaßnahmen zu investieren. Ergebnis: 25% Marktanteilsgewinn binnen einer Krise.

Das zeigt klar: Ein Notgroschen ist nicht nur Verteidigung, sondern strategische Offensivkraft.

Methoden zum Aufbau eines Notgroschens

Der Aufbau erfolgt selten in einem Schritt. Effektiv ist die „prozentuale Abzweigungsmethode“. Jeder Umsatzmonat legt automatisch 5–10% in einen separaten Fonds.

In den Firmen, die ich begleitet habe, funktionierte ein Automatisierungssystem am besten: Sobald Zahlungen eingingen, wurde ein definierter Prozentsatz in einen gesonderten Liquiditätstopf verschoben. Der entscheidende Faktor: Disziplin. Was auf dem Fonds liegt, wird nicht angetastet, außer im echten Notfall.

Back in 2018, viele Unternehmen glaubten, ein bisschen „Spielraum auf dem Konto“ reicht. Heute im Umfeld steigender Zinsen und hoher Volatilität wissen wir: Nur konsequente Systematik schützt.

Häufige Fehler beim Notgroschen

Die meisten Fehler wiederholen sich:

  1. Zu geringes Ziel.
  2. Zu riskante Anlage des Fonds.
  3. Keine klare Definition, wann der Fonds genutzt werden darf.

Ich habe Fälle gesehen, in denen Geschäftsführer den Notgroschen nutzten, um kurzfristige Projekte zu finanzieren. Dann stand im echten Notfall nichts mehr bereit. Oder Familien liquidierten ihr Sicherheitspolster für Konsum.

Der bessere Weg: Notgroschen nie antasten – außer bei echter Bedrohung der Zahlungsfähigkeit.

Strategische Bedeutung für Unternehmen

Das Thema wird oft als rein private Finanzfrage gesehen, aber es betrifft tief die strategische Steuerung von Firmen.

Ein Notgroschen sorgt nicht nur für Überleben, sondern erlaubt aktives Handeln. Wer Reserven hat, kann Chancen nutzen, wenn Märkte schwanken. In meinem Netzwerk habe ich Firmen gesehen, die während der letzten Wirtschaftskrise Wettbewerber günstig kaufen konnten – finanziert aus ihrem Notfallfonds.

Ein guter Überblick zu Grundlagen der Rücklagen findet sich übrigens auch auf Sparkasse – eine Quelle, die viele meiner Klienten als Einstieg nutzen.

Fazit

Ob als Privatperson oder Unternehmer: Die Frage „Was ist ein Notgroschen und wie viel sollte man sparen?“ entscheidet über Krisenfestigkeit und Handlungsfähigkeit. Nicht die Höhe der Gewinne definiert Stabilität, sondern der Zugang zu Liquidität im Notfall.

Die Realität ist: Ein Notgroschen mag langweilig wirken – in der Praxis ist er das beste Werkzeug für Sicherheit, Handlungsstärke und kluge Entscheidungen.

FAQs

Was ist ein Notgroschen?

Ein Notgroschen ist ein finanzieller Sicherheitsfonds, der nur bei unerwarteten Ausgaben oder Krisen genutzt wird.

Wofür ist ein Notgroschen gedacht?

Er soll Liquidität sichern, wenn plötzlich Einkünfte wegbrechen oder unvorhergesehene Kosten entstehen.

Wie viel sollte man als Privatperson sparen?

Mindestens 3–6 Monatsgehälter werden empfohlen, abhängig von Einkommensstabilität und Risikoprofil.

Wie viel sollten Unternehmen zurücklegen?

3–6 Monatsfixkosten gelten als Standard, zyklisch anfälligere Branchen benötigen mehr.

Wo sollte man den Notgroschen aufbewahren?

Auf einem leicht zugänglichen, sicheren Konto ohne Risiko, nicht in langfristigen Anlagen.

Sollte man den Fonds investieren?

Nein. Ein Notgroschen braucht Sicherheit und sofortige Verfügbarkeit, nicht Rendite.

Wie baue ich den Fonds auf?

Durch automatische, regelmäßige Einzahlungen – etwa 5–10% des Einkommens oder Umsatzes.

Wann darf ich den Fonds nutzen?

Nur bei echten Notfällen wie Jobverlust, Krankheit, Umsatzeinbruch oder ungeplanten Kosten.

Ist ein Notgroschen auch für Selbstständige sinnvoll?

Unbedingt – Selbstständige haben oft schwankendes Einkommen und brauchen höhere Rücklagen.

Wie lange dauert der Aufbau?

Je nach Einkommen und Disziplin kann es Monate bis Jahre dauern. Wichtig ist Beständigkeit.

Was passiert, wenn ich keinen Notgroschen habe?

Man gerät schneller in Abhängigkeit von Krediten oder muss unvorteilhafte Entscheidungen treffen.

Kann man zu viel sparen?

Ja, wer übermäßig spart, blockiert Kapital für Investitionen. Ein gesundes Maß ist entscheidend.

Ist Bargeld als Notgroschen sinnvoll?

Ein kleiner Teil ja, der Großteil sollte sicher und digital verfügbar sein.

Sollte eine Familie einen eigenen Fonds haben?

Ja, Familien profitieren enorm, wenn unvorhersehbare Kosten für Kinder oder Haushalt auftreten.

Was unterscheidet Rücklagen von einem Notgroschen?

Rücklagen sind oft zweckgebunden, ein Notgroschen hingegen bleibt strikt für Notfälle reserviert.

Wie überprüfe ich meinen Fonds?

Mindestens einmal jährlich sollte geprüft und angepasst werden, ob die Summe noch passt.

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *